Wann könnt ihr endlich friedlich sein?
Etwas zu sagen haben. So könnte das Credo lauten, welches sich durch die zehnjährige Bühnenkarriere von Max Prosa zieht. Er lebt es seit seinem gefeierten Debütalbum “Die Phantasie wird siegen”. Es begleitet ihn als Theaterautor. Es findet sich in seinen Lyrikbänden und in dem Gedichtabo – ein eigens von ihm entwickeltes System, das eine immer größer werdende Schar von Anhänger*innen monatlich mit Lyrik versorgt. Natürlich kann Prosa mit so einem Credo nicht alle Wellen reiten, nicht jeden Haken schlagen, den die Popkultur vorgibt. Schon immer setzt er den sich verändernden Sound-Moden eine Zeitlosigkeit entgegen.
Nach 10 Jahren, 6 Alben und zahllosen Konzerten tritt sein Schaffen an vielen Stellen ans Licht: 2021 gewann der 15-jährige Egon Werler mit Prosas Lied “Flügel” die Fernsehsendung “The Voice Kids”. Es folgten TV-Auftritte und 2020 wurde er mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet, 2022 mit dem Förderpreis für junge Liedermacher. 2023 kommt ein Film von Chris Kraus in die Kinos, in denen zwei Titel von Max Prosa eine Hauptrolle spielen. Worum es immer geht: etwas zu sagen haben. Es so sagen, wie es noch niemand gesagt hat.
Nun liegt ein neues Werk vor: “Wann könnt ihr endlich friedlich sein?” Sein Bezug ist in diesen Tagen unmissverständlich. “Es ist dieselbe Art zu fühlen, es trügt uns nur ein anderer Schein”, singt Prosa im Titeltrack. Dabei flüchtet er sich nicht in Pazifismus-Floskeln oder Naivität, sondern bebildert einen sehr zentralen und wichtigen Gedankengang: Wir alle sind Menschen, als Babys und im Alter zerbrechlich und auf Hilfe angewiesen – und da wird ersichtlich, dass ein jeder von uns nach Liebe und Nähe sucht. Wieso schießen wir aufeinander? Warum zur Hölle? Es hat etwas Väterliches, dieser Appell, und etwas unumstößlich Wahres. Eine düstere, politische Platte also? Mitnichten.
“In der Kunst muss immer beides vorhanden sein, die Schwere der Welt und ihre Leichtigkeit. Wir müssen das Leid vergessen dürfen, um es dann wieder umso tiefer spüren zu können. Sonst werden wir zynisch und das wäre das Schlimmste.” Der Opener “Aschetanz” ist eine ungewohnt lebendige und tanzbare Nummer, die wiederum die Logik und den Diskurs in die Schranken weist. “Wir haben genug von Theorie / denn sie allein löst Probleme nie / und jetzt brauchen wir das Schöne.” Das ist wohl das Element des Eskapismus, diese Leichtigkeit, auf die Prosa verweist. “Liebelei” ist ein weiterer Ausschlag in diese Richtung, doch so ganz ohne Melancholie geht es bei Prosa dann doch nicht. Im Abschlusstrack beschreibt er die “Leere”, die gescheiterte Beziehungen hinterlassen und die es dann wieder mit Zeit zu füllen gilt.
Eine weitere Sache fällt direkt auf: Wenn man Prosas Debütalbum kennt, hat “Wann könnt ihr endlich friedlich sein?” einen vertrauten Sound. Aus gutem Grund: Es spielt erstmals wieder die alte Besetzung, die 2012 zusammen unterwegs war und sich einen Ruf als grandiose Liveband erspielte. Warum das damals überhaupt aufhörte? Darüber ist unlängst eine Doku auf YouTube erschienen. Das Glück, wieder zusammenzuspielen, hört man in jedem Song. Nie wurden Prosas Kompositionen besser umgesetzt: Leichtfüßig, wo es geht. Kraftvoll, wo es gebraucht wird.